"Bauanleitung" für Quantenmaterialien

Überblick

Physiker des Würzburg-Dresdner Exzellenzclusters ct.qmat – Complexity and Topology in Quantum Matter haben herausgefunden, in welchem Mindestabstand Elektronen in Drähten aus Quantenmaterialien fließen müssen, um Strom verlustfrei zu leiten. Damit rückt der Einsatz sogenannter topologischer Isolatoren in elektronischen Bauteilen ein Stück näher. Seit es einem Mitglied des Clusters 2007 erstmals gelang, diese neue Materialklasse nachzuweisen, boomt die weltweite Forschung an topologischen Quantenmaterialien. Denn sie versprechen eine „grüne Elektronik“, die Zukunftstechnologien nachhaltiger werden lässt. Die aktuellen Untersuchungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

Topologische Isolatoren – Hoffnung auf eine umweltfreundliche Technik 

In elektronischen Geräten verbinden viele Drähte die einzelnen Komponenten und leiten Strom von einem Ort zum anderen. In Drähten aus topologischen Quantenmaterialien kann dieser Strom nahezu verlustfrei fließen. Das verhindert ungewollte Erwärmungseffekte und bietet einen entscheidenden Vorteil gegenüber herkömmlichen Leitungen zum Beispiel aus Kupfer. Somit verspricht die noch junge Materialklasse der topologischen Isolatoren weniger Abwärme, einen geringeren Energieverbrauch und im Ergebnis eine umweltfreundlichere Informationstechnologie. Seit ihrem ersten Nachweis an der Julius-Maximilians-UniversitätWürzburg (JMU) im Jahr 2007 werden diese Zukunftsmaterialien hier intensiv erforscht, seit 2019 im Würzburg-Dresdner Exzellenzcluster ct.qmat.

 

Auf den Abstand kommt es an

Allerdings war der Abstand, in welchem topologische Drähte in elektronischen Bauteilen verlaufen können, bisher nicht bekannt. Das Forscherteam vom Lehrstuhl für Experimentelle Physik II der JMU hat nun systematisch untersucht, wie benachbarte Drähte aus dem Material Blei-Zinn-Selenid (PbSnSe) – einem topologischen Isolator – zusammenwirken.

„Dadurch können wir den Mindestabstand der Elektronenbahnen auf der Materialoberfläche topologischer Isolatoren zum ersten Mal exakt definieren und verstehen topologisches Quantenmaterial wieder ein Stück besser“, kommentiert Prof. Matthias Bode, Gründungsmitglied des Exzellenzclusters ct.qmat und Projektleiter.

Die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass topologische Drähte aus dem untersuchten Quantenmaterial PbSnSe nur mit einem Mindestabstand von 25 Nanometern (nm) Strom verlustfrei leiten. Bei kürzeren Abständen wird der besondere topologische Zustand, der dies ermöglicht, mehr und mehr verzerrt. Bei Drahtabständen unter 10 nm verliert sich der topologische Charakter der Drähte vollständig.

 

Ausblick

Derzeit untersuchen die Forscher den Einfluss von magnetischen Atomen auf die Transporteigenschaften der topologischen Elektronendrähte.


Beteiligte

An der Publikation sind neben Clustermitgliedern der Julius-Maximilians-Universität Würzburg auch Wissenschaftler der Polnischen Akademie der Wissenschaften beteiligt, von denen die Materialproben stammen. Die Experimente wurden von den Würzburger Physikern Johannes Jung und Dr. Artem Odobesko durchgeführt. 

Galerie

Daten & Fakten

02.07.2021

 

Publikation
Jung et al., Systematic Investigation of the Coupling between One-Dimensional Edge States of a Topological Crystalline Insulator, Physical Review Letters 126, 236402 (2021). https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.126.236402 

Kontakt
Prof. Dr. Matthias Bode, Lehrstuhl für Experimentelle Physik II, Universität Würzburg, Tel: +49 931 31-83218, bode@physik.uni-wuerzburg.de 

Bild
Das Bild zeigt den Elektronenfluss auf der Oberfläche des Quantenmaterials Blei-Zinn-Selenid. Durch die keilförmige Anordnung der „topologischen Drähte“ konnten die Physiker exakt bestimmen, ab welchem Mindestabstand Strom verlustfrei fließt – im Bild rot markiert.
© Matthias Bode

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