Findet die Nadel im Heuhaufen: Neuer Suchalgorithmus für magnetische Quantenmaterialien

Überblick

Mithilfe eines neuartigen Algorithmus lassen sich magnetische topologische Verbindungen jetzt automatisiert suchen. Die entwickelte Computermethode gilt als Meilenstein für die topologische Materialforschung und ebnet den Weg zu einer systematischen Identifikation derartiger Materialien, die bislang nur fallweise bestimmt werden konnten. Das Suchverfahren wurde von einem internationalen Forscherteam entwickelt, an dem die Quantenchemikerin Prof. Claudia Felser, Gründungsmitglied des Exzellenzclusters ct.qmat – Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien und Direktorin des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden, beteiligt war. Mit dem nun verfügbaren Algorithmus entdeckten die Wissenschaftler:innen bereits mehr als 100 magnetische topologische Materialien, die gänzlich neue bahnbrechende Eigenschaften versprechen. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht.
 
Stabile Bausteine für Quantentechnologien
Topologische Quantenmaterialien haben besonders stabile Eigenschaften und gelten daher als Schlüssel für die Hightech des 21. Jahrhunderts. Im Fokus standen bisher allerdings die nicht-magnetischen Werkstoffe. Dazu gehören beispielsweise topologische Isolatoren, die an ihrer Oberfläche Strom verlustfrei leiten können; sie wurden 2007 erstmals experimentell nachgewiesen. Mindestens 15.000 nicht-magnetische topologische Quantenmaterialien wurden bis heute identifiziert, mit inzwischen standardisierten Methoden.
 
Seit einigen Jahren rücken jedoch die magnetischen Quantenmaterialien in den Mittelpunkt, denen die Forscher:innen enormes Potenzial einräumen. Sie zu identifizieren ist aber deutlich schwieriger als nicht-magnetische Stoffe. Der neue Computeralgorithmus verkürzt diesen Zeitraum nun wesentlich. „Zuvor kannten wir nur etwa eine Handvoll magnetische Strukturen mit exotischen topologischen Eigenschaften. Mit unserem neuartigen Werkzeug konnten wir knapp 550 magnetische Strukturen in kurzer Zeit untersuchen, fanden darunter über 100 wertvolle magnetische topologische Isolatoren und Halbmetalle. Mit den Ergebnissen dieser Studie haben wir eine Online-Datenbank aufgebaut“, berichtet Prof. Felser. „In den nächsten Jahren ist ein explosionsartiges Wachstum an Neuentdeckungen in dieser Materialklasse zu erwarten.“
 
Fortschritt für die Forschung
Für Prof. Matthias Vojta, Dresdner Sprecher des Exzellenzclusters ct.qmat, bedeuten die Ergebnisse der Studie einen beachtlichen Fortschritt: „Bisher glich die Suche nach einem magnetischen topologischen Quantenmaterial der sprichwörtlichen Fahndung nach der Stecknadel im Heuhaufen. Jeder Strohhalm musste sozusagen einzeln angefasst werden. Mit der neuentwickelten Methode kann per Knopfdruck ein ganzer Katalog solcher potenziellen Werkstoffe untersucht und klassifiziert werden. Noch existieren sie zwar lediglich als computersimulierte, also theoretische Vorhersage. Ich bin mir indes sicher, dass Wissenschaflter:innen weltweit diese Materialien im Labor herstellen und detailliert untersuchen werden.“ 

Galerie

Daten & Fakten

14.01.2021

 

Exzellenzcluster ct.qmat
Das Exzellenzcluster ct.qmat wird seit 2019 gemeinsam von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und der Technischen Universität Dresden (TUD) getragen. Es ist eng verzahnt mit fünf renommierten außeruniversitären Instituten und deren Spitzenforschung. Mehr als 250 Wissenschaftler:innen aus 33 Ländern und von vier Kontinenten forschen bei ct.qmat an topologischen Quantenmaterialien, die unter extremen Bedingungen wie ultratiefen Temperaturen, extrem hohem Druck oder extrastarken Magnetfeldern überraschende Phänomene offenbaren. Gelingt es, diese besonderen Eigenschaften unter Alltagsbedingungen nutzbar zu machen, könnte das die Basis für revolutionäre Quantenchips und neuartige technische Anwendungen sein. Das Exzellenzcluster wird im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder gefördert.
 
Originalpublikation
Yuanfeng Xu, Luis Elcoro, Zhida Song, Benjamin J. Wieder, M. G. Vergniory, Nicolas Regnault, Yulin Chen, Claudia Felser und B. Andrei Bernevig: High-Throughput Calculations of Magnetic Topological Materials. Nature 586, 702–707 (2020). https://doi.org/10.1038/s41586-020-2837-0 
 
Presseinformation des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe
https://www.cpfs.mpg.de/3250273/20201029 
 
Abbildung 
Elektronische Grenzzustände von Neptunium-Bismut (NpBi), einem idealen topologischen Isolator, der in der vorliegenden Studie entdeckt wurde. © MPI Mikrostrukturphysik Halle
 
Ansprechpartnerin für Journalisten
Katja Lesser, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit Exzellenzcluster ct.qmat, Tel: +49 351 463 33496, 
katja.lesser@tu-dresden.de 
 

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